Dienstag, 6. September 2011

One night in Wikisource

Vorweg: Ich bin ein echter Fan von Wikisource - die Inhalte und Projekte sind spannend und wertvoll, die Arbeit der dortigen Mitarbeiter phänomenal, aber ...

Vor einigen Tagen widmete ich einen meiner freien Abende (es sind wenige im Moment) der freien Quellensammlung Wikisource. Angefixt durch einen wunderbaren Vortrag von Jonathan auf der Göttinger Veranstaltung Wikipedia trifft Altertum zur Arbeit an der Realenzyklopädie und motiviert durch ein tatsächlich mögliches Projekt wollte ich nach langer Zeit mal wieder schauen, wie ich dort Fuß fassen könnte.

Der Hintergrund: In der Wikipedia bearbeite ich seit einiger Zeit ein Projekt zum Maler Lovis Corinth, der bis 1925 tätig war. Er selbst war nicht nur Maler sondern auch Schreiberling, ebenso viele seiner Kollegen wie etwa Max Liebermann und Hans Baluschek - und ihre Werke sind gemeinfrei. Für zeno.org hatte ich vor Jahren die biographischen Texte Corinths digitalisiert und im Volltext ins Netz gestellt, nun liegen mir Bücher von zeitgenössischen Kunsthistorikern und eben auch Leuten wie Max Liebermann vor, die ich gern ebenfalls verfügbar machen würde - und da fällt halt meine erste Wahl auf das Wiki-Projekt Wikisource. Auch scheint es dort auch noch nicht sonderlich viel im Bereich der Kunstgeschichte zu geben - eine Kombi zwischen Wikipedia, commons und Wikisource bietet sich also extrem an.

Autorenseite Lovis Corinth
Voll Elan begann ich also bereits am Vormittag des 25. August mit der Anlage einer neuen Autorenseite zu Lovis Corinth, auf der ich neben der üblichen Infobox (incl. eines von mit gescannten Bildes) die auf zeno.org verfügbaren Schriften einstellte. Diese Seite hielt etwa 2,5 Stunden und wurde dann komplett umgebaut - die Links zu zeno.org wurden entfernt bzw auf einen gemeinsamen Link gelegt, ein Teil der Texte komplett entfernt und andere mit Links zu Digitalisaten an amerikanischen Universitäten versehen. Außerdem wurde digital verfügbare Sekundärliteratur ergänzt.

Alles in allem prima - mit einem Haken: Die entfernten Werke sind nun nicht mehr direkt verfügbar und die nun angelegten Digitalisate nur noch lesbar, wenn man über einen amerikanischen Zugang verfügt - als anlinkbare Quelle für mein Wikipedia-Projekt also leider unbrauchbar. Dass das ganze der Wissenschaftlichkeit und Reputation von Wikisource dient, ist löblich aber unbefriedigend.

Das Digitalisat
O.k. - lassen wir uns aber nicht davon aufhalten - das eigentliche Ziel war ja, dass ich ein kleines Test-Digitalisat anlegen wollte, ein zweiseitiges Vorwort von Corinth aus einem Buch von Karl Schwarz. Also ran - ganz wiki! Mmmhhh .... Seite anlegen .... - kein Plan, wie soll da gehen bei Wikisource? Es gibt da diesen tollen Link "Artikel anlegen", der mir aber leider gar nichts bringt, und auch die entsprechende Hilfeseite hat scheinbar mit der Realtität wenig zu tun. Wie die in den letzten Änderungen auftauchenden "Seite:"-Seiten mit jpg-Endung entstehen, bleibt ein Rätsel.

Nach einigem Suchen und reichlich Frust entscheide ich mich für eine alternative Lösung: Ich frage im Chat nach. Hier habe ich Glück, finanzer ist anwesend und erklärt sich auch bereit, mir die Neuanlage zu erklären. Nach seienr Anweisung lege ich also die zwei Seiten an und bastle aus diesen auch ein kurzes Dokument, das ganz prima aussieht. O.k., ich habe die Geheimnisse gelernt - oder doch nicht? Wenige Minuten nach der Neuanlage habe ich neue Nachrichten:

wird das noch mehr Text? Indexprojekte sind eher für mehrseitige Texte gedacht, um bequemer korrigieren zu können. Bei deinem kurzen Vorwort kann man den Aufwand mit Indexseite betreiben, man muss aber nicht.

Mmh, habe doch alles nach (nirgends nachlesbarer) Anweisung gemacht. Natürlich ändere ich jetzt nichts, sieht ja gut aus - einige Stunden später wurde das dann auch von einem anderen Benutzer übernommen, der alles nochmal anders aufbaute.

Autorenseite Schwarz
Nungut, erstmal wieder was leichtes - eine neue Autorenseite, diesmal von Karl Schwarz, der noch gemeinsam mit Corinth ein Werkverzeichnis der graphischen Werke Corinths herausgebracht hat, dass auf den bereits genannten Digitalisierungsseiten liegt und damit gut anlinkbar ist. Hier die Ansprache:

Hat dir Michail auch eingeredet Schwarz hier anzulegen? Wir nehmen hier nur gemeinfreie Autoren auf. Mir reichts jetzt erstmal.

Wow, guter Tobak - hätte ich sicher berücksichtigt, wenn ich es gewusst hätte. Nun gut, Löschantrag gestellt und löschen lassen, weiter im Text.

Der Brief
Bereits vor längerer Zeit hatte ich einen Brief Corinths an seinen Sohn gescannt (er war in einem Bildband abgedruckt) und seit kurzem habe ich auch eine Transkription seines Sohnes dazu - leider nicht 100%, einzelne Namen sind weggelassen, aber immerhin eine gute Grundlage, auf der man vielleicht arbeiten kann. Also ran ans Werk und auch diesen Brief mit der vorliegenden Transkription eingebaut zur weiteren Bearbeitung. Natürlich habe ich den Urheber der Transkription genannt - nur scheine ich auch hier alles falsch gemacht zu haben.

Fazit
One night in Wikisource - und direkt wieder die Schnauze voll.

Ich denke, wenn ich als wiki- und wikipedia-erfahrener Autor nahezu keine Chance habe, ohne externe Anleitung beizutragen, geschweige denn, irgendetwas in Wikisource korrekt zu machen, dann mag das an mir liegen. Nach Gesprächen mit anderen Wikipedia-Autoren scheint es jedoch systemimmanent zu sein, dass neuen Benutzern sowohl technisch wie auch strukturell so enorme Hürden vor die Füße gelegt werden, dass ein Beitragen nahezu unmöglich und vor allem weit weg von einer Freizeitbeschäftigiung ist, die Spaß macht.

Meine Bücher von Bode, Kuhn, Liebermann und Eßwein werde ich entsprechend wieder ins Regal stellen und auf eine Digitalisierung erstmal weiterhin verzichten.

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