Samstag, 22. November 2025

Wann ist eigentlich mein Internet gestorben?

Das Internet ist tot, oder?

In ihrer Late-Night-Show thematisierte Sandra Bosetti letztens das Thema Künstliche Intelligenz und macht in dem sehenswerten Beitrag einen Schwenk ins Internet. Der Titel: Wer hat das Internet geklaut? Ihre These: Das Internet, wie es eigentlich mal gedacht war, ist tot - stattdessen besteht das Netz heute aus lauter Echokammern, die sich als soziale Netzwerke tarnen und letztlich a-sozial sind.

Sandra Bosetti fragt: "Wer hat das Internet geklaut?"

Sie ist mit dieser These nicht allein und immer wieder poppen Artikel, Videos, Reportagen zum Thema auf. Zuletzt stellte etwa Der dunkle Parabelritter die Frage: Was sind eigentlich eure Hobbies und proklamiert die "Generation Hobbylos". Ohne eine wirkliche Datenerhebung zu machen, reicht es wahtscheinlich, mal mein eigenes Verhalten im Internet zu reflektieren. Und ohne zu spoilern: das Ergebnis ist ernüchternd.

Vorweg: Ich habe Hobbies - einige sogar: ich spiele analoge Brett- und Kartenspiele, ich lese Bücher, ich schreibe Texte (mittlerweile auch Geschichten), ich habe Freunde und treffe sie auch, ich habe Familie, und ein entsprechendes Familienleben ich höre Musik und ich liebe es, für Wikipedia zu recherchieren und zu schreiben ... insofern fühle ich mich natürlich vom Parabelrittr nur peripher angesprochen. Aber ja, auch ich konsumiere Streamingdienste und das Internet und - die beiden bisherigen Links beweisen es - bewege mich durch youtube und schaue mir dort regelmässig passiv Videos an.

Zurück also zu der eingangs von Bosetti gestellten Frage: Wer hat das Internet geklaut? 

Ich springe mal zurück in die Zeit, als ich meine ersten Schritte im Netz gemacht habe. Wir schreiben das Jahr 1995, als ich meinen ersten Internetaccount über die Uni aktiviert habe. A whole new world! - es gab noch kein facebook, kein youtube und auch keine Wikipedia - es gab Websites, über die man surfen konnte und Linklisten, derer man sich dafür bediente. Ich fand Inhalte zu allen möglichen und unmöglichen Themen - in der Regel auf einfach gestalteten Websites. Ich war damals auch auf vielen privaten Seiten unterwegs, auf denen Dinge passierten. Ich erinnere mich dabei auch gut an meine ersten Schritte als Autor kreativer Texte - vor allem auf den Websites einer Autorin, die sich Die Zauberfee nannte, und im Drachental des Moordrachen; beide gibt es sogar noch - das Zauberbuch der Zauberfee mit ihrem Netzroman Die Perlen von Caala-Elen ebenso wie Die magische Welt von Íja Macár - wühlt man dort ein wenig herum, findet man sogar meine Spuren. Die erste Begegnung etwa, oder die Drachenmagie sind Splitter, die ich in Caala-Elen hinterlassen habe, und es gab sogar Besuch aus der Hölle:

Er brach Onnaro das Genick und schleuderte ihn in eine Ecke, die sich, wie auch das gesamte Gebäude, augenblicklich auflöste. 

Im Drachental versuchte ich mich an dem Schwarzkraken und der Muttermuschel Muna-El sowie dem magischen Gen. Parallel fand man mich im spinchat, wo ich mir mit meinem Charakter Necrophorus ein Eckchen im Dark Chat eingerichtet hatte. Ich war auch dort kreativ unterwegs und der Raum war nichts anderes als ein Rollenspiel mit Grufticharakteren. Ich fand weitere Projekte wie die Plattform clickfish.com, 2002 gestorben, auf der ich als Guide für biologische Themen und Heavy Metal unterwegs war, und expertenseite.de, eine perfekte Seite für Klugscheißer. 2003 startete dann auch meine "Karriere" in der deutschsprachigen Wikipedia - damals noch ein nischiges Nerdprodukt, auf dem man sich austoben konnte. Nun, dort hänge ich noch heute fest - mit Leib und Seele.

Der schreibende Götz von Berlichingen, seit Jahren mein Bnutzerbild in der Wikipedia


Und sonst: Tatsächlich springe ich viel rum im Netz - aber heute fast ausschließlich getrieben über die Google-Suche, wenn ich nach bestimmten Themen Ausschau halte. Linklisten und private Websites kommen in meinem Internetverhalten heute so gut wie gar nicht mehr vor. Ich nutze facebook zur privaten Vernetzung, whatsApp zur Kommunikation, wühle mich durch youtube und Instagram ... die wenigen alternativen Seiten, die ich noch regelmässig ansteuere, sind das kingwiki, cover.info (bei beiden bin ich auch aktiv als Autor bzw. Redakteur) oder boardgamegeek - abseits davon wird es dünn.

Ist mein Internet gestorben? - ich würde es nicht bejahen, aber wohl auch nicht verneinen. Ich glaube aber, dass es Zeit wird, mal wieder durchs Internet zu surfen und auch verborgenere Ecken auszuloten. Wer ist dabei?

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ich bin gerne bei Mastodon und Reddit. Das ist für mich ein bisschen wie Internet vor 20 Jahren. Schön, dass du hier schreibst!

LG
Poupou

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