Willkommen im privaten Blog von Achim Raschka. Ich schreibe hier sporadisch zu Themen, mit denen ich mich gerade beschäftige - der Titel ist dabei exemplarisch und bezieht sich auf Einzelaspekte, Neben Brot (und anderen Speisen), Musik (in allen Varianten) und Spielen (vor allem wohl analoges) finden sich vor allem Themen zur Wikipedia und ... was mir halt noch so alles einfällt.
Wie angekündigt hole ich ein paar ältere Beiträge aus meinem Zweitblog zum Thema: Back to Mitape hierher - hier wäre der nächste, auch dieser nur leicht bearbeitet:
When I grow up there will be a day when everybody has to do what I say
Eingesungen von einem kleinen Jungen mit Superheldenmaske machen diese Worte nachdenklich bis verstörend. Das Lied erschien 1995 auf dem zweiten Album der schwedisch-norwegischen Band Clawfinger mit dem bedeutungsträchtigen Titel Use your Brain.
Die Band positionierte sich bereits durch ihr Debüt Deaf Dumb Blind im Jahr 1993 als Pionierband für den damals gerade beginnenden Crossover-Trend zwischen Rap und Metal und handelten sich mit dem Song Nigger direkt einen handfesten Rassismus-Skandal ein. Das eigentlich anti-rassistisch motivierte Lied wurde, nachdem es auf M-TV und VIVA gelaufen war, scharf kritisiert und der Band wurde eine Nähe zu rechtem Gedankengut unterstellt. Clawfinger konnerten mit der Veröffentlichung Braindead auf einem Stockholmer Antifa-Sampler und wiesen auf den tatsächlichen Charakter des Nigger-Tracks hin. Kurz darauf erschien The Truth in der Rotation und die Band wurde auch über ihre Heimat hinaus bekannt. Sie tourten mit Bands wie Die Krupps, deren Song To the Hilt von Clawfinger remixed wurde, sowie mit Alice in Chains, Pantera und Anthrax.
Use your Brain erschien zwei Jahre später, 1995, und griff den Stil von seinem Vorgänger ziemlich unverändert wieder auf (böse Zungen sprechen von "keine Weiterentwicklung). Do What I Say wurde neben Pin me down einer der Radio- und Videohits des Albums. Besonders einprägsam brennt sich dabei die eingangs zitierte Zeile ins Hirn, die von den Brüdern Cederic und Sebastian St. Just erst gesungen und später auch geschrien wurden. Stellt sich die Frage, warum sie eigentlich bestimmen wollen, was alle zu tun haben? Das Lied stellt die Konflikte zwischen Eltern und Kindern während der Erziehung dar - das ständige "tu dies, tu das" der Eltern:
Don't do this don't do that Don't you ever talk back Don't speak with food in your mouth Just keep quiet while the grown ups are talking
I'm not being mean I'm just being fair It's just because I really care You know that I love you But shut your mouth you just have to do what I say
Laut Wikipedia-Artikel und der darin angegebenen Quelle haben die Musiker den Kindern erzählt, sie hätten ihre Gameboys verkauft, um sie richtig wütend zu machen und die für den Refrain nötige Wut in den Stimmen zu erreichen -hat geklappt.
Clawfinger sind weiterhin - nach ein paar Jahren Pause bis 2017 - aktiv und waren auch 2025 beim Wacken Open Air zu Gast, wo ich sie zum ersten Mal live erleben durfte. Es war eine sehr angenehme Show mit einem hochsympathischen und bescheidenen Zak Tell, der viele Geschichten aus dem (Band)leben wiedergab. Do what I say mit Bandeinspielung des Originalgesangs der Kinder war natürlich neben anderen Klassikern, für mich etwa ihr Biggest & the Best, das Highlight des Auftritts. Nigger wurde dagegen nicht gespielt.
Ein Hinweis vorweg: Ich hatte zwischenzeitlich tatsächlich mal einen Zweitblog gestartet, das aber schnell wieder aufgegeben. Das Thema: Back to Mitape - die Vorstellung von Songs, die es auf meine Sammlung von 90-Minuten-Playlists schaffen (was nicht so schwer ist ...). Ich werde diese Texte nun nach und nach hierher holen und dabei nur leicht überarbeiten.
Das Duett The Healer erschien 1989 auf dem gleichnamigen Album von John Lee Hooker als Titel- und Eingangssong. Hooker war zu dem Zeitpunkt 72 Jahre alt und konnte auf ein erfolgreiches Leben als Blues-Gott zurückblicken, der seit den 1940er Jahren den Delta Blues (Blues aus dem Mississippi-Delta) stark mitprägte. Der als Gitarrist bekannte Carlos Santana war einer der Gastmusiker auf dem Album.
Hooker veröffentlichte 1948 seine ersten Singles und konnte mit Boogie Chillen' direkt einen Bluesklassiker und No-1-Hit der Billboard-R&B-Charts landen, seitdem folgten Single auf Single und seit 1959 Album auf Album. I'm in the Mood von 1951, auf dem 1989er-Album The Healer in einer grammy-prämierten Version mit Bonnie Raitt enthalten, wurde ebenfalls zu einem Millionenseller, und so produzierte er einen Blueshit nach dem anderen. Über seine über 50 Jahre andauernden Karriere hat er wahrscheinlich mehr als 500 Songs geschrieben und gesungen und dabei seinen Stil immer neu entwickelt. 1980 wurde er entsprechend in die Blues Hall of Fame aufgenommen, 1991 aufgrund seines Einflusses auf Bluesrockbands wie The Rolling Stones, The Yardbirds, The Animals und viele andere zusätzlich in die Rock'n Roll Hall of Fame. Ebenfalls 1980 hatte er Gatsauftritte in dem Kultfilm Blues Brothers und spielte dort seine Songs Boom Boom und Boogie Chillen'.
Trotz dieser Erfolge war das Album The Healer meine Erstbegnung mit John Lee Hooker. Er hatte sich hier mit mehreren Gastmusikern zusammengetan, um einige Klassiker und neue Songs aufzunehmen. The Healer spielte er gemeinsam mit Carlos Santana, I'm in the Mood mit Bonnie Riatt. Zudem lieferten Canned Heat, Los Lobos, George Thorogood und Charlie Musselwhite Duette auf dem Album mit Hooker, der das Album mit weiteren Titeln zu einem unheimlich intensiven Gesamtwerk abrundete.
Der morgendliche Herbstnebel liegt auf den Feldern um Lechenich und hüllt auch die Grabsteine und die alte Kapelle auf dem Friedhof von Heddinghoven ein. Die Sonne ist noch nicht aufgegangen, man kann ihren Aufstieg jedoch bereits erahnen. Die Fledermäuse sind bereits in ihre Quartiere in den hohen Bäumen um die Gräber, dem Dach der Kapelle oder dem nahen Gebäude der alten Weltersmühle zurückgekehrt. Der alte Friedhof vor den Toren von Lechenich scheint ruhig - die huschenden Gestalten im Nebel unsichtbar.
Bereits seit dem 12. Jahrhundert befand sich hier die alte Pfarrkirche von Konradsheim, heute als Friedhofskapelle genutzt, und damals wurden auf ihrem Kirchhof die Leichen der Toten von Blessem und Konradsheim beerdigt. Als 1795 die Bestattung der Lechenicher Toten im Kirchhof von St. Kilian per Erlass der Franzosen verboten wurde, kamen sie ebenfalls hierher und das Gelände an seine Grenzen; es musste 1819 vergrößert werden. In den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts wütete im Rheinland eine verhängnisvolle Pockenepidemie und vor allem viele Kinder starben. Erst mit den Anfängen der Schutzimpfung um 1801 – durchgeführt von Ärzten wie Reumont in Aachen – kam eine zaghafte Hoffnung auf ein Ende des Fluchs in die Dörfer links des Rheins. Einige Jahre später, um 1813 bis 1814, wurde das Rheinland von einem erneuten Grauen heimgesucht: dem Fleckfieber, auch „Typhus von Mainz“ genannt. Auf dem Gelände wurden in diesen Jahrzehnten zeitweise so viele Leichen zu Grabe getragen, dass die regulären Ruhezeiten der älteren Gräber nicht mehr eingehalten werden konnten und die Körper nicht mal mehr genug Zeit hatten, vor einer Neubelegung eines Grabes ordentlich zu verwesen. Manche Gräber wurden kaum geschlossen, bevor sie wieder geöffnet werden mussten, und nicht selten wurden die Kinder in derselben noch frischen Erde begraben wie ihre Eltern. Es hieß, dass die Erde damals so voll war, dass die Seelen hier keinen Platz mehr fanden. Einige Kinder standen wieder auf, so sagte man – nicht, weil sie leben wollten, sondern weil die Erde ihnen keine Ruhe gewährte.
Heute hat man diese Zeiten vergessen. Der Friedhof wurde mehrfach vergrößert und modernisiert, Spuren des alten Kirchhofs oder Grabstellen dieser Zeit sucht man selbst in der direkten Umgebung der Kapelle vergebens. Nur wer alte Chroniken liest oder den Geschichten lauschte, weiß, dass hier einst in kurzer Folge so viele Kinder und Erwachsene beigesetzt wurden, dass die Erde kaum nachkam, sie aufzunehmen. Doch wer auch heute noch im frühen Herbstnebel zwischen den Gräbern geht, spürt manchmal Schritte dicht hinter sich oder hört leises Wispern – dreht man sich um, ist niemand da. Fast glaubt man, dass man leises Kinderflüstern hört und kleine huschende Schatten erahnt, die wie die Fledermäuse zwischen den Bäumen flattern. Einige Nachbarn erzählen, dass es besonders in Nächten ohne Mond unheimlich still wird. Dann verstummen sogar die Käuze und wer sich zu lange im Nebel aufhält, hat das Gefühl, nicht lange allein zu sein. Manche schwören, dass zwischen den Gräbern kleine Gestalten herumhuschen – zu groß für Fledermäuse, zu leicht für Menschen.
In einer jener Herbstnächte, als der Nebel selbst die Mauern der Kapelle verschluckte, schwor ein junger Mann aus Lechenich, er habe beim Durchqueren des Geländes nach durchzechter Nacht eine Bewegung zwischen den Gräbern gesehen. Zuerst hielt er es für eine Fledermaus, dann für einen Hund. Doch was sich dort regte, war kleiner, schemenhaft – wie ein Kind, das gebückt über die Steine huschte. Er blieb stehen, rief, doch die Gestalt antwortete nicht. Stattdessen waren plötzlich mehrere Schatten da, drei, vier, fünf – blass im Nebel, mit Augen dunkel wie die Erde. Sie bewegten sich nicht auf ihn zu, sondern kreisten ihn ein, langsam und fast lautlos. Nur das Rascheln ihrer Schritte im nebelfeuchten Laub war zu hören, wie ein fremder Rhythmus. Da spürte er einen Hauch im Nacken und als er sich umdrehte, stand dicht hinter ihm ein Mädchen, sehr jung und sehr bleich und mit einem Ausdruck im Gesicht, der nicht kindlich war. Er wollte schreien, doch in diesem Moment öffnete sie den Mund – mit Zähnen, lang und spitz wie Dornen. Am nächsten Morgen fanden ihn Spaziergänger am Tor des Friedhofs, bewusstlos und die Haut eiskalt. An seinem Hals hatte er einige winzige Verletzungen, kaum größer als Stiche einer Mücke, die nicht mehr verschwanden – sein Gesicht ist seither so blass wie das der Kinder, die er zwischen den Gräbern sah, und er wirkt noch heute schwach und kränkelnd; doch niemand glaubte ihm seine Geschichte. Und doch: Vielleicht fanden die Seelen der Kinder der Seuchenjahre vor über 200 Jahren nie wirklich Frieden. Vielleicht streifen sie auch heute noch als Hungernde durch den Nebel und suchen Wärme, Blut und Atem. Normalerweise laben sie sich vielleicht an den Tieren der Nacht, doch wer nächtens in Heddinghoven Schritte hinter sich hört, sollte niemals stehen bleiben. Denn was folgt, gehört vielleicht längst nicht mehr zu den Lebenden.
Auch hierzu ein paar Hintergründe. Beim Blogbeitrag zum Hörtert schrieb ich, dass ich mich mit kreativem Schreiben befassen möchte und im Wintersemester 2015 einen entsprechenden Kurs bei der wunderbaren Vera Gercke belegt habe. In ihrem Blog hat sie viele gute Tipps zum Schreiben gesammelt, sich da mal reinzulesen, lohnt auf jeden Fall
Viel ist seitdem in der Richtung bei mir allerdings nicht geschehen - wird also mal wieder Zeit. Diese Geschichte entstand in Vorbereitung der diesjährigen Halloween-Lesung der Szene 93 als eine von mehreren Ideen - schlussendlich habe ich mich jedoch für eine andere Geschichte entschieden, die wahrscheinlich nach der Veranstaltung auch hier erscheinen wird.
Seit 2016 ist es hier nun sehr ruhig und auch die Jahre davor kamen nur sporadisch ein paar Artikelchen hinzu. Über die Zeit vergaß auch ich als Betreiber nach und nach, was ich hier an Texten gesammelt habe - ich weiß auch jetzt nur noch teilweise, was sich hier in den Tiefen des Blogs noch verbirgt. Wahrscheinlich findet sich die ein oder andere Unsinnigkeit, vielleicht sind aber auch ein paar gute Texte darunter.
Ich glaube, ich werde den Blog doch nochmal reaktivieren, denn gerade zu Zeiten von KI und Fake News maxht es wahrscheinlich einen Unterschied, wenn man eigene Texte veröffentlicht und zur Verfügung stellt - eigene Gedanken, die einem Absender zugeordnet werden können.